Erdwärmesimulation
Anlagen zur Nutzung der Erdwärme (Erdwärmesonden, Energiepfähle, große horizontale Erdreichkollektoren und Geothermische Dubletten) müssen unter Berücksichtigung der Bodenverhältnisse (u.a. Geologie, Grundwasserverhältnisse, Untergrundtemperatur) und des Wärmebedarfes des zu versorgenden Objektes berechnet bzw. bemessen werden.
Die Bemessung von Erdwärmeanlagen orientiert sich dabei an der Einhaltung bestimmter im langjährigen Betrieb einzuhaltenden Temperaturlimits der geothermischen Quellenanlage. Diese Temperaturgrenzen werden häufig anhand technischer Parameter der Wärmepumpenanlage (hohe Temperatur=hohe Energieffiezenz) festgelegt, können aber auch wegen wasserrechtlicher oder eigentumsrechtlicher Belange definiert werden. Bei der Bemessung geben Kunde oder Planer den anzusetzenden Betriebszeitraum in der die genannten Temperaturlimits eingehalten werden sollen vor.
In der gültigen VDI-Richtline 4640 (Blatt 2) "Thermische Nutzung des Untergrundes" werden die Anforderungen an die Bemessung von Erdwärmeanlagen für Kleinere Anlagen (Heizleistung bis 30 kW) und Größere Anlagen (Heizleistung über 30 kW) unterschieden.
Für die kleineren Anlagen erfolgt die Auslegung häufig nach den spezifischen Entzugsleistungen (W/m) anhand von Tabellenwerken und geologischen Vorprofilen für vereinfachte Lastfälle (z.B. 1800 Vollbenutzungsstunden).
Bei größeren Erdwärmeanlagen muss die korrekte Auslegung durch Berechnungen nachgewiesen werden. Wir empfehlen eine Berechnung mittels Erdwärmesimulation auch für kleinere Anlagen, wenn diese im Grundlastbetrieb (d.h. mit erhöhten Jahres-Vollbenutzungsstunden z.B. 3000 h) betrieben werden.
Bei den Berechnungsmethoden werden analytische und numerische Lösungen unterschieden.
Analytische Verfahren
Analytische Berechnungsverfahren (exakte Lösung einer Gleichung) haben den Vorteil, dass sie relativ einfach und schnell lösbar sind. Nur in den seltensten Fällen, bei homogenen Verhältnissen und eindeutigen (hydraulischen bzw. thermischen Randbedingungen, können diese Gleichungen geschlossen gelöst werden (z.B. Formel der Kelvinschen Linienquellentheorie). Das heißt in der Berechnung von Erdwärmeanlagen sind solche analytische Gleichungen nur für einfache Berechnungsfälle (z.B. Einszelsonde) geeignet.
Numerische Verfahren
Dementsprechend ist für komplizierte Bemessungsfälle (z.B. große Erdwärmesondenfelder, Geothermische Dublettenanlagen, saisonale Speicherung von Wärme im Erdreich) als Abstraktion eine Einteilung in räumlich und zeitlich homogene Abschnitte bzw. Elemente (Diskretisierung) notwendig. Eine solche Diskretisierung bedeutet aber auch die erforderlichen Rechenschritte und damit den Aufwand zu erhöhen. Somit sind auch erhöhte Rechenkapazitäten erforderlich, die vom Menschen nicht mehr bewältigt werden können. Dafür gibt es spezielle Geosoftware (z.B. FEFLOW 5.3) mit Vor- bzw. Nachverarbeitung (Prä- oder Postprocessing) von Daten sowie einer Benutzeroberfläche die Möglichkeiten zur Lösung von Transportvorgängen in porösen Medien anbieten.
Die Anwendung numerischer Modelle bei der Nachbildung und Prognose von Grundwasserfließbewegungen sowie dem gekoppelten Transport von Wärme entspricht dem Stand des Wissens/der Technik und erlaubt komplexe Transportvorgänge und Fließsysteme zu simulieren. Die Güte der Grundwasser(Erdwärme)modelle wird im Wesentlichen von den verfügbaren geologischen/hydrogeologischen Eingangsdaten (u.a. Bohrdatendichte und Qualität, Messungen der Grundwasserpotentiale, Grundwasserfließrichtung und Grundwasserfließgeschwindigkeit, Identifikation der Grundwasser-Einzugsgebiete, Ermittlung der hydrogeologischen und thermophysikalischen Kennwerte) bestimmt.
Aufgrund der häufig nur beschränkten Aufschlussdichte und der nur punktuell vorhandenen Kennwerte muss die geologisch-hydrogeologische Modellvorstellung bzw. das darauf basierende numerische Grundwassermodell generalisiert werden. Insofern sind Abweichungen der Simulationsergebnisse von dem tatsächlich eintretenden thermohydrodynamischen Regime nicht auszuschließen. Im Rahmen des durchzuführenden Grundwasser-Überwachungsprogramms sind solche Abweichungen zu identifizieren und das numerische Grundwassermodell ggf. anzupassen (Kalibrierung).
Tracer- und Dotierungsversuche hinsichtlich der Ermittlung der Dispersivität sowie der Grundwasser-Fließgeschwindigkeit und -richtung können zur Beschaffung von Berechnungsparametern (u.a Fliessgeschwindigkeit, Fließrichtung) durchgeführt werden.
Berechnungen mit dem Earth Energy Designer (EED 2.0)
Eine "Zwischenposition" nimmt das Erdwärme-Berechnungsprogramm Earth Energy Designer (EED 2.0) ein. Mit EED 2.0 berechnet man die mittlere Fluidtemperatur im Erdwärmesonden-Kreislauf für einen frei wählbaren Betriebszeitraum. Hier können Sondenfelder bis 120 Erdwärmesonden unter Berücksichtigung eines Einschichtfalls berechnet werden. Das ist sehr praktisch und bei geringer Grundwasserströmung sowie bei Ermittlung der integrierten Gebirgsgs-Wärmeleitfähigkeit Lamda eff hinreichend genau. Das Programm bedient sich bei der Lösung bestimmter G-Funktions für unterschiedliche vorher mit einem numerischen Modell errechnete Sondenkonfigurationen (u.a. L-Konfiguration oder Linienkonfiguration).
Anwendungsbeispiele für die numerische Erdwärmesimulation
Im Folgenden werden Beispiele für typische Anwendungen der 3D-Erdwärmesimulation (FEFLOW) gegeben:
- Ermittlung des erforderlichen Abstandes von Förder- und Injektionsbrunnen (Entnahme- und Schluckbrunnen) bei einer Geothermischen Dublette zur Vermeidung eines hydraulischen/thermischen Kurzschlusses,
- Ermittlung der langjährigen Fördertemperaturen bei einer Geothermischen Dublette für Durchfluss- und Wechselprinzip sowie mit und ohne hydraulischen/thermischen Kurzschluss, Abschätzung der Jahresarbeitszahl,
- Ermittlung des Speichernutzungsgrades einer Erdwärmeanlage mit saisonaler Wärmespeicherung unter Grundwassereinfluss,
- Optimierung von komplexen Erdwärmesondenanlagen und Energiepfahlfeldern unter Berücksichtigung der Grundwasserströmung,
- Prognose von Aufsuchungs- und Bewilligungsfeldern im bergrechtlichen Verfahren,
- Prognose von grundstücksrelevanten Beeinflussungen des Temperaturregimes im Untergrund ("Nachbarschaftsproblematik") durch den Betrieb von Erdwärmeanlagen (Wasserrechtliche Erlaubnis für Erdwärmesonden in Berlin, Hansestadt Hamburg),
- Inverse Auswertung von Geothermal Response Tests.
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